„Kinder brauchen digitale Mischkost“ – ein Plädoyer für entspannten Medien-Umgang

Smartphones machen dumm und Computerspiele aggressiv – oder nicht? Der psychologische Psychotherapeut und Verhaltensbiologe Georg Milzner nahm im Frühjahr 2016 mit seinem Buch* pauschale Digital-Kritik aufs Korn und plädierte für einen entspannteren Umgang mit neuen Technologien. Für das Magazin ELTERN family habe ich mit ihm gesprochen

ELTERN family: Bei uns zu Hause gibt es klare Regeln – eigentlich: 30 Minuten „Fifa 15“ für meinen 7jährigen Sohn und „Minecraft“ für meine 10jährige Tochter sind pro Tag okay, danach werden elektronische Geräte weggelegt. Warum geht das nie ohne Diskussionen – weder bei uns, noch bei den meisten anderen?

Georg Milzner: Warum ist Ihnen die Zeitbeschränkung denn so wichtig?

Weil sonst anderes zu kurz kommt: lesen, sich bewegen, Lego bauen…

Erstmal ganz konkret: Diese Zeitbeschränkungen funktionieren nicht, weil Spiele nicht in Minuten aufgebaut sind, sondern in Aufgaben und Levels. Sie würden ja auch beim Vorlesen nicht per Stoppuhr mitten im Satz aufhören. Besser, Sie vereinbaren gemeinsam, was ein sinnvoller Zeitpunkt zum Schlussmachen ist. Ich würde auch einen Unterschied machen, ob ein Kind reglos vor dem Monitor sitzt oder sich davor austobt, zum Beispiel mit einer bewegungsgesteuerten Konsole. Bildschirm ist nicht gleich Bildschirm. Aber Ihre Skepsis, die Sie mit vielen Eltern teilen, hat sicher noch einen tiefer liegenden Grund.

Da bin ich aber gespannt.

Jeder Kulturwandel stößt erstmal auf Widerstand. Eltern früherer Generationen waren irritiert, wenn ihre Kinder Comics lasen, fernsahen oder Rockmusik hörten. Sogar das Lesen von Romanen galt im 19. Jahrhundert als schädliche Geistesverwirrung, vor allem für Jungen. Genau so befürchten heutige Eltern: Kinder werden durch Computerspiele dümmer, aggressiver, verlernen das phantasievolle Spielen, gehen nicht mehr raus….

Und Sie glauben das nicht?

Wenigstens nicht so pauschal. Eltern verklären rückblickend ihre eigene Kindheit, die ja noch wenig computerisiert war, jedenfalls bei Menschen ab 40, und kommen zum Schluss: Heute läuft da etwas falsch. Das führt zu einer merkwürdigen Spaltung: Einerseits möchte man den Umgang mit digitalen Medien fördern, um Kinder auf die spätere Arbeitswelt vorzubereiten, andererseits verteufelt man sie. Zu Hause wie in der Schule. Dabei findet ja jede Zeit und jede Kultur neue Formen, in denen Kindheit stattfindet. Auch weil Kinder heute tendenziell behüteter aufwachsen, weniger äußere Freiräume haben, erschließen sie sich neue Zonen – auch digitale.

Kinder haben die gleichen Bedürfnisse wie früher, leben sie nur anders aus?

Genau. Denken Sie an die Faszination von Märchen und Mythen: früher drei dicke Bände „Herr der Ringe“ lesen, heute eher „World of Warcraft“ spielen. Oder den Spaß an der Selbstdarstellung: früher nur auf der Schulbühne, heute mit Youtube-Filmchen. Manche Eltern projizieren sicherlich auch ihre eigenen Ängste vor dem technologischen Wandel auf ihre Kinder. Die haben eigentlich Angst, selbst nicht fit zu sein für die Welt von morgen, und sind vielleicht auch etwas neidisch auf die Leichtigkeit, mit der sich ihre Kinder darin bewegen.

Machen Sie es sich da nicht ein wenig einfach? Wenn ich sehe, wie manche Eltern sogar ihre Zwei- und Dreijährigen stundenlang mit Hilfe von Tablets ruhig stellen, frage ich mich schon, was Kinder sich dadurch für ein Bild von der Welt machen.

Bei so kleinen Kindern gebe ich Ihnen völlig recht, das hat fast etwas von unter Drogen setzen. Ein Tablet ist ein miserabler Babysitter, denn er macht kein Beziehungsangebot. Bei Kindern im Kita- und frühen Grundschulalter würde ich immer sagen: ruhig der kindlichen Neugier auf elektronische Spiele Raum geben, aber auch beizeiten ein Alternativangebot machen. Und sei es, in dem man das Bildschirm-Match mit echten Bällen nachspielt, oder das Flugzeug aus dem Spiel mit Lego nachbaut.

Das setzt wiederum voraus, dass Eltern immer ein Auge darauf haben, was die Kinder tun. Dabei ist es ja oft so praktisch, wenn der Nachwuchs beschäftigt ist, so dass man in Ruhe die Steuererklärung machen kann, oder ein Nickerchen…

Es hat ja auch keiner behauptet, dass Elternsein eine leichte Aufgabe ist! Je jünger das Kind, desto wichtiger, dass Sie es in der digitalen Welt nicht allein lassen, sondern immer wieder dabei sind. Zuschauen, darauf achten, dass das Kind nicht an Inhalte gerät, die es überfordern. Das Netz ist wie eine Buchhandlung, da finden Sie fast alles für fast jede Altersstufe, vom Trash bis zur Hochkultur.

Klar gibt es da nicht nur blutige Ego-Shooter und Youporn. In Ihrem Buch erwähnen Sie einige grafisch schön gemachte Rätselspiele, die ich mir selbst sofort herunterladen würde. Aber auch die sollten Siebenjährige wohl nicht stundenlang spielen

Auf einer langen Autofahrt kann das ein Segen sein! Aber davon abgesehen: Ihr Kind zeigt ihnen schon, wie viel digitales Spielen ihm bekommt, auch wenn es das selbst nicht spürt. Sie sehen ja, wie es sich danach benimmt, ob es extrem aufgekratzt ist oder abends schlecht schläft, wenn es zu spät am Computer war. Wenn meine Kinder vor dem Bildschirm zappelig wurden, als sie kleiner waren, habe ich ihnen zum Beispiel vorgeschlagen: „Ich sehe, dass deine Augen noch wollen, aber deine Beine was anderes brauchen – lass uns mal eine Runde Fußball spielen.“

Ich kann mir kaum vorstellen, dass sie auf Anhieb begeistert waren…

Sicher nicht immer, aber da muss man eben seine Funktion als Eltern wahrnehmen. Sie würden ja auch nicht zulassen, dass Ihr Kind ausschließlich Fischstäbchen mit Pommes isst. Ich bin für eine digitale Mischkost: Es spricht überhaupt nichts gegen Bildschirmspiele, wenn andere Lebensbereiche nicht zu kurz kommen. Übrigens frustriert es Kinder, wenn Eltern ihre digitalen Erfolge abwerten, weil sie die für minderwertig halten. Wir loben unser Kind für ein gelungenes Lego-Bauwerk, ein tolles Bild oder eine sportliche Leistung – Anerkennung hat es genau so verdient, wenn das Kind ein neues Level geschafft oder ein Rätsel geknackt hat.

Dennoch bleibt ein Problem: Digitale Spiele sprechen nicht alle Sinne an, und sie haben ein fest programmiertes Regelwerk – völlig anders, als wenn ich auf einen Baum klettere, oder mich mit meinen Freunden als Außerirdische verkleide….

Auch analoge Kinderspiele funktionieren nach Regeln. Egal ob „Fischer, wie tief ist das Wasser“ oder „Mensch ärgere dich nicht“! Aber es stimmt, der Spieloberfläche fehlt etwas, und das ist wiederum auch ganz gut so, weil die reale Welt dadurch für Kinder nicht an Reiz verliert. Ein digitales Kuscheltier kann ich nicht mit ins Bett mitnehmen, eine Banane aus Pixeln macht nicht satt. Das merken Kinder, deshalb verlieren sie nach einer Weile meistens ganz von allein die Lust. Sicher kann es Phasen geben, in denen der Computer das Leben sehr bestimmt, aber das finde ich nicht dramatisch. Das ist Leidenschaft, die ist ihrem Wesen nach radikal und exklusiv. Danach kommt vielleicht eine Phase, in der sich alles um Fußball oder Pferde dreht.

Viele Eltern sehen nicht gerne, wenn ihre Kinder am Bildschirm hängen, checken aber selbst im Minutentakt ihr Smartphone – auch ich ertappe mich manchmal dabei. Wie wichtig ist eigentlich unser elterliches Vorbild?

Sehr! Es gibt Wissenschaftler, die befürchten, Kinder lernten zu wenig Selbststeuerung, zu wenig Abwarten, weil viele Spiele einseitig die schnelle Reaktion trainieren – dabei sind es oft vor allem die Eltern, die ein Problem damit haben. Die hechten wie ein dressierter Affe zu ihrem Smartphone, sobald es ein Geräusch macht. Ich finde es wichtig, eine klare Hierarchie in der Kommunikation zu haben: Anwesende haben immer Vorrang, das heißt, mein Kind auf der Schaukel ist wichtiger als die Freundin, die gerade anruft. Noch besser, wenn man sich in der Familie auf bestimmte computer- und handyfreie Zeiten einigt, und die gelten dann für alle.

Zum Abschluss eine Prognose: Was glauben Sie, wie Computerspiele und Social-Media-Kommunikation unsere Kinder in ihrer Entwicklung beeinflussen werden?

Was sicherlich weniger wird ist die Fähigkeit, lange, komplexe Geschichten zu erzählen und zu erfassen. Dafür werden Menschen um so mehr in der Lage sein, komplexe Sachverhalte auf das Wesentlich herunterzubrechen, und ihre Problemlösungsfähigkeit, ihr strategisches Denken und ihre Reaktionsschnelligkeit werden hoch sein. Auch das räumliche Orientierungsvermögen und die visuelle Kreativität nehmen zu, außerdem die Fähigkeit zur Selbstdarstellung. Ich bin ganz zuversichtlich, dass Kinder dadurch ganz gut gerüstet sind für ihr zukünftiges Leben in der Digitalzeit.

 

*“Digitale Hysterie – warum Computer unsere Kinder weder dumm noch krank machen“, Georg Milzner, Beltz Verlag, 18,95 €

Interview mit Karoline Herfurth: „Macht Kinder stark für das Leben!“

Was für eine schöne Kinderbuchverfilmung: „Rico, Oscar und die Tieferschatten“ hob sich wirklich positiv vom grellen Marketing-Buhei anderer Kinderfilme ab. Zum Filmstart im Juli 2014 durfte ich dazu fürs ELTERN-Magazin Karoline Herfurth in einem Berliner Hotel treffen und war gleich zweifach fasziniert: zum einen von der fast unwirklichen Schönheit dieser Frau, und zum zweiten von ihrer Professionalität. Denn obwohl Karoline Herfurth kein Wort über ihr Privatleben verliert, hat sie doch einige Einblicke in ihre Seele gestattet. Schade, dass ich nur einen 45-Minuten-Slot hatte!

 ELTERN: In Ihrem neuen Film spielen Sie eine junge Alleinerziehende, die ihre Aufgabe ziemlich locker nimmt: Lässt den zehnjährigen Rico nachts allein, um in einem Striplokal zu arbeiten, schickt ihn zum Lebensmittel einkaufen und geht derweil mit einer Freundin shoppen. Ist Ihnen diese Frau eigentlich sympathisch?

Karoline Herfurth: Ich finde sie sehr erfrischend. Denn bei aller Lässigkeit merkt man, dass sie ihren Sohn wahnsinnig liebt. Sie traut ihm eine Menge zu, obwohl er nicht der Hellste ist, er bezeichnet sich ja selbst als „tiefbegabtes“ Kind. Und wenn es Schwierigkeiten gibt, stellt sie nie ihn in Frage, sondern immer die Welt um ihn herum. Da wird sie zur Löwenmutter. Dass sie sich dazu noch eigene Freiheiten nimmt, statt alles dem Kind unterzuordnen – das sind doch ganz gute Zutaten für eine Mama.

Hört sich fast so an, als würden Kinder heute zu sehr in Watte gepackt.

Eine sehr kluge Frau hat mal zu mir gesagt: „Man soll Kindern keine Lederstraße bauen, sondern ihnen Lederschuhe nähen“ – sie also nicht vor dem Leben da draußen beschützen, sondern im Gegenteil sie dafür ausrüsten und stark machen. Das finde ich sehr bedenkenswert. Außerdem ist die Mutter im Film zwar Single, aber nicht allein. Denn da ist auch noch die Hausgemeinschaft, Menschen, die alle zusammen ein Auge auf Rico haben. Wie ein Dorf, wie eine Großfamilie, die nicht nur aus Blutsverwandten besteht. Das erinnert mich an meine eigene Kindheit.

Erzählen Sie mal!

Ich bin selbst in einer großen Patchworkfamilie mit sieben Geschwistern aufgewachsen. Mein Vater hat nach dem Mauerfall in Ostberlin so ein altes Mietshaus saniert und selbst ausgebaut, das war sehr ähnlich wie das im Film. Unten im Haus haben sie einen Kinderladen gegründet, auf jedem Stockwerk gab es Spielkameraden, meine beste Freundin wohnte gegenüber. Da war so ein Gefühl: Wir gehören alle zusammen und passen aufeinander auf.

Aber nicht ständig und überall…

Nein, ich habe das Gefühl Kindern wurde damals mehr zugetraut. Ich hatte als Grundschülerin eine Stunde Schulweg mit der Straßenbahn, meine Freundin nahm ihre kleine Schwester mit in die erste Klasse, ohne dass jemand uns begleitet hätte. Das war völlig normal. Ich erinnere mich auch gut an die langen Nachmittage im Prenzlauer Berg, der ja damals überhaupt noch nicht schick war. Wir sind über die Plätze gestromert, auf Dächern herumgeklettert….

Da hat sich ja viel geändert, nicht nur im Prenzlauer Berg. Kinder werden heute sehr viel mehr beobachtet, stehen mehr im Mittelpunkt.

Ja, auf Müttern, auf Eltern generell, lastet heute ein großer Perfektionsdruck. Ein Leistungsanspruch. Dabei haben wir haben ja in Deutschland heute zum Großteil gute Voraussetzungen, um ein Kind gut großzuziehen. Ich glaube nicht an die perfekte Kindheit, wichtig ist nur, Kind sein zu dürfen und sich geliebt zu fühlen. Ich glaube, Kinder brauchen das gar nicht, so wahnsinnig beschützt zu werden. Viel wichtiger ist, dass sie spüren: Die Großen haben Vertrauen in meine Fähigkeiten.

Haben Eltern zu viel Angst?

Ich glaube, zu viel Angst lähmt die Kinder. Ich bin zum Beispiel ein Mensch, der keine Angst davor hat, Fehler zu machen. Wenn etwas schiefläuft, na und, dann probiere ich es eben noch mal. Das verdanke ich meinen Eltern, denn sie haben mir immer zugetraut, dass ich meinen Weg schon machen würde. Weniger feste Erwartungen an Kinder, aber auch an sich selbst – ich glaube das würde den meisten Menschen guttun. An zu vielen Idealbildern im Kopf kann man ja nur scheitern.

Was haben Sie für sich noch aus Ihrer Kindheit mitgenommen?

Das Leben war wild, bunt, chaotisch, und das hat mich gestärkt. Mir beigebracht, mich in immer neuen Situationen rasch zurechtzufinden. Vor allem aber ist mir eine ganz starke Gemeinschaft in Erinnerung geblieben. Diese große Selbstverständlichkeit, über die Familie hinaus enge Verbindungen zu knüpfen. Das gibt einem Kind eine ganz andere Kraft, weil sich die Last der Erziehung auf mehrere Schultern verteilt. Bis heute habe ich diesen großen, warmen Pool von Menschen, die mir nahe stehen. Das habe ich immer als sehr reich empfunden.

Aber es muss doch vieles stimmen, damit ein Kind in einer Patchworkfamilie so glücklich aufwächst. Zum Beispiel, dass die Eltern trotzdem gemeinsam Verantwortung übernehmen, dass es wenig Eifersucht gibt…

Na klar muss viel stimmen, damit alle glücklich sind – aber muss es das in der klassischen Otto-Normal-Familie nicht genau so? Man kann doch unterschiedliche Modelle bauen, die das Leben mit Kindern tragen. Das kann im Kleinen funktionieren wie im Großen.

Als Kind der 80er Jahre gehören Sie zur „Generation Scheidungskind“. Es gibt Wissenschaftler, die sagen: Die Sehnsucht nach Beständigkeit, nach eigener Familie, nach Verbindlichkeit, wächst wieder, weil Menschen um die 30 da ein Nachholbedürfnis haben. Glauben Sie das auch?

Ich finde das zu simpel, solche gesellschaftlichen Trends aus der Kindheit her zu erklären. Mein Gefühl ist eher: Früher wurde die Vielfalt der Lebensformen erkämpft, heute kann sich jeder aussuchen, was ihm passt. Mein Traum zur Zeit wäre ein Häuschen im Grünen, vielleicht ein alter Bauernhof, denn ich war als Kind auch jedes Wochenende auf dem Land. Als Ergänzung zum Großstadtleben in Berlin. Das wäre für mich das beste aus beiden Welten. So stellt sich jeder das eigene Lebensmodell zusammen.

Das heißt, die klassische Familie, in der Papa Vollzeit arbeitet und Mama erst einmal zu Hause bleibt, ist einfach eine Option unter vielen?

Genau, ein solches Leben ist ja heute nicht mehr unausweichlich, das wählt man. Obwohl die Strukturen in Politik und Gesellschaft das konservative Modell schon befördern. Zum Beispiel, dass Frauen länger in Elternzeit gehen, weil der Mann der Hauptverdiener ist und man auf dessen Gehalt schlecht verzichten kann. Oder, wenn man sich Studien anschaut, wie ungerecht Hausarbeit bei Paaren mit Kindern verteilt ist nach wie vor – das ist schon krass.

Wer ist da gefragt – die Politik, oder die Köpfe der Menschen?

Das ist ein Zusammenspiel von beiden. Vor allem wenn es um Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht, finde ich: Das muss dringend eine Elterndiskussion werden, nicht nur eine Mütterdiskussion, es geht doch schließlich auch um die Männer. Häufig bin ich ganz vor den Kopf gestoßen, wie über dieses Thema öffentlich geredet wird, denn das kenne ich aus meiner DDR-Herkunft anders. Mein Vater war ganz selbstverständlich an Hausarbeit und Erziehung beteiligt!

Sie reden offen über Ihre eigene Kindheit, über Ihre Ansichten zum Familienleben, aber Ihr aktuelles Privatleben schirmen Sie konsequent ab. Das persönlichste, das man auf Ihrer Facebook-Seite zu sehen bekommt, ist ein Weihnachtsbraten im Ofen. Warum?

Wenn man als Schauspielerin in der Öffentlichkeit steht, hat man nur zwei Optionen: die Tür ganz auf machen, oder ganz zu lassen. Ich habe mich für die zweite Möglichkeit entschieden. Auch, weil ich vor der Kamera gerne immer wieder in neue Rollen schlüpfe und Projektionsfläche für andere bin. Dass der Privatmensch Karoline Herfurth dahinter verschwindet, ist mir nur recht.

Die Frage nach Öffentlichkeit wird heute ja auch für Normalos immer wichtiger: In Social Networks kann jeder versuchen, zum Star zu werden.

Ich glaube, viele Leute machen sich keinen Begriff davon, wie transparent sie sich machen. Und dass das Netz kein kuscheliger, wohliger Ort ist. Ich würde jedem empfehlen, mal an einen belebten Ort zu gehen, zum Beispiel an den Alexanderplatz oder auf den Kudamm, sich ein paar hundert Leute anschauen, die da vorbeikommen und überlegen: Will ich wirklich, dass diese Menschen mein Baby ohne Windeln sehen? Und komme ich mit dem Feedback klar? Wer damit kein Problem hat, soll das ruhig tun. Sonst kann man das ja ganz gut dosieren, im dem man private Einträge nur in geschlossenen Gruppen teilt.

Können Sie diesen Drang nach Öffentlichkeit eigentlich verstehen?

Ich glaube, dahinter steckt einfach die Sehnsucht, gesehen und wahrgenommen zu werden. Die kann ich nachfühlen. Aber das kann kein Social Network der Welt leisten.